Am 31.5.2022 unternahmen die Schüler der 7/1 im Rahmen des „denkmal aktiv“- Programmes mit Frau Wehle und Frau Preller eine Exkursion nach Erfurt. Hier wurden sie durch die Künstlerin Rosanna Minelli, die ihren Laden „ERFURTER BLAU“ auf der Krämerbrücke führt, in die Geheimnisse des Waidanbaus, der Waidverarbeitung und des Waidfärbens eingeweiht. Bei der praktischen Umsetzung hatten alle viel Spaß.
Im Unterricht entstanden dann kleine Geschichten. Die Schüler sollten aus der Sicht eines Kindes des 15. Jahrhunderts ihre Erlebnisse verarbeiten. Ich habe die Geschichte von Luise Heimbürge ausgewählt, da sie einige interessante Geheimnisse wunderbar verpackt hat. Lasst euch ins Mittelalter entführen und nebenbei erkennen, dass die Mellinger Waidbauern auch zum Reichtum Erfurts beigetragen haben.
Kerstin Preller
Wieso sagen alle zu mir, dass wir stinkreich sind?
Auf der Krämerbrücke in Erfurt gibt es einen kleinen Laden, in dem die Farbe produziert wird. Eine Familie betreibt den Laden. Heidi ist die 12jährige Tochter des Ladenbesitzers. Langsam wird sie neugierig über die Arbeit ihrer Eltern, sodass es dazu kommt, dass sie ihrer Mutter ein paar Fragen stellt.
„Mama?“, „Ja!“ „Entschuldige, dass ich dich hier bei deiner Arbeit störe, aber mich interessiert es sehr, was du da gerade tust.“ Ihre Mutter lächelt und antwortet: „Es ist schön, dass du dich dafür interessierst. Schließlich sollst du später mal den Laden übernehmen. Was hast du für Fragen?“ „Also meine größte Frage ist gerade, was du hier überhaupt machst.“ Die Mutter muss lachen. „Ich stelle gerade Bälle aus Waid her, damit wir sie besser transportieren können.“ Heidi muss kurz überlegen. Von dieser Pflanze hatte sie schon einmal gehört…. „Waid, … ist das nicht die Pflanze mit den gelben Blüten, die in einem Blumentopf vor unserem Laden steht?“ „Genau! Aber um große Mengen an Waidbällen zu bekommen, braucht man deutlich mehr.“ Ihre Mutter geht schnell aus dem Haus und pflückt einen Stängel von der Pflanze. Heidi betrachtet ihn genau. „Aber, wie wird daraus blau? Ich meine, die Pflanze hat gelbe Blüten und grüne Blätter.“ „Genau, das ist das Wunderbare an dieser Pflanze. Sie ist unscheinbar, aber in ihr ist ein doch sehr wertvoller Farbstoff enthalten.“ Heidi ist jetzt fasziniert von dieser Pflanze. Aber dennoch hat sie Fragen. „Die Pflanze ist wirklich interessant! Aber wie genau machst du aus der Pflanze jetzt die handtellergroßen Bälle?“ „Zuerst wird die Waidpflanze natürlich zum Beispiel in Mellingen geerntet. Danach werden von der Blattrosette die Blätter abgeschnitten und in der Waidmühle zu Mus ganz fein gemahlen. Nach einem Tag werden dann die Bälle daraus gemacht. Erst wird das Waid erneut gestampft und dann wird es pulverisiert. Danach fügt man Wasser und Ammoniak hinzu.“ „Warte!“, Heidi ist überwältigt. „Das ist echt viel. Was ist Ammoniak?“ „Ammoniak ist alter Urin von Männern.“ „Warum nur von Männern?“ „Wir Frauen haben unseren Zyklus und da sind im Urin auch manchmal andere Sachen enthalten. Der Männerurin ist immer gleichbleibend.“ „Ach so, okay. Aber noch eine Frage. Warum werden wir oft „stinkreich“ genannt? Wir stinken doch aber nicht!“ Die Mutter muss lachen. „Ja, wir stinken nicht, aber weil der Urin so stinkt und man mit dem Waidfärben viel Geld verdient, nennt man uns ‚stinkreich‘.“ „Okay, das macht Sinn! Aber das machen doch viele in Erfurt, oder?“ fragt Heidi weiter. „Ja, das machen viele. Dadurch haben auch viele sehr viel Geld verdient. Und weil so viele so viel Geld verdient haben, konnten wir in Erfurt viele bedeutende Gebäude finanzieren, wie zum Beispiel die Universität.“ „Also ist das Waidfärben nicht nur gut für uns, sondern auch für die Stadt Erfurt. Das finde ich gut. Ich werde diesen Laden auf jeden Fall übernehmen.“
Luise Heimbürge 7/1