Ein Blick in die eigene Galerie genügt. Jeder von uns hat dort Erinnerungen gespeichert in Form von Videos oder Fotos. Die meisten wissen wahrscheinlich auch, wann und wo ihre Bilder entstanden sind, doch findet sich zwischen Selfies mit Freunden und Fotos von Schulaufgaben bestimmt auch das eine oder andere fremde Bild, woran man sich nicht mehr erinnert. Am 19.12.2022 haben mein Kunstkurs und unsere Lehrerin Frau Meier einen Ausflug in die Fotothek in Weimar gemacht. Ein weiterer auf den ersten Blick unscheinbare Ausflug ins Kulturzentrum Thüringens und doch steckt bei genauerer Betrachtung hinter dem Prinzip der Fotothek sehr viel mehr.
In einem unscheinbaren Fachgeschäft, in der Erfurter Straße 33a, teilen sich mehr als 75.000 Fotos ein Atelier im zweiten Stock. Gesammelt wurden sie von der studierten Mediengestalterin Anke Heelemann in einem Zeitraum von vielen Jahren. Dafür ist sie oftmals auf Flohmärkten unterwegs oder durchsucht Internetauktionen. Doch auch hier steckt hinter der reinen Vorstellung mehr, als es scheint. Heutzutage sind Fotos die Möglichkeit, Erinnerungen zu schaffen oder sich selbst als jemand anderen darzustellen. Und auch schon vor knapp einhundert Jahren waren die 1925 neu eingeführten Kleinbildkameras sowie das Zugänglichmachen von Farbfotografien rund dreißig Jahre später, die Chance verschiedenste Momente an den unterschiedlichsten Orten festzuhalten.
Doch was passiert, wenn die Fotos abhandenkommen, in Vergessenheit geraten oder einfach entsorgt werden? Für all solche Fotografien wurde die Fotothek zu einem geeigneten Ort. Denn in diesem Atelier sammeln sich Erinnerungen von Menschen, egal ob Familien, Kinder, ältere Ehepaare, junge Erwachsene oder so manche Hobbyfotographen. Die Hintergründe von diesen Personen, wie die Geschichten entstanden sind oder was zu einer bestimmten Situation geführt hat, wissen die wenigsten und in diesem Unbekannten liegt der Reiz etwas Neues zu entdecken. Und wenn man dann einmal selbst einen Blick wagt, wird man sofort angeregt eine bestimmte Verbindung herzustellen, mit einem Motiv einer anderen Zeit, einer anderen Person, eines anderen Ortes.
Mein Kurs und ich durften selbst einmal diese vielen Bilder durchsuchen und nach denen suchen, die uns besonders interessiert haben. Man konnte lachende Menschen, feiernde Familien oder einfach fremde Situationen betrachten. Darauf aufbauend haben wir unser ausgewähltes Foto in ein Buch mit einem beschreibenden Text darstellen dürfen. Somit konnten wir selbst mit alten Erinnerungen unsere eigenen, neuen schaffen. Und so vielseitig wie das gesammelte Lebenswerk und die Diplomarbeit von Anke Heelemann ist, so waren es auch unsere Ergebnisse. Deshalb möchte ich jeden ermutigen, es einmal selbst auszuprobieren, auf eine etwas andere Art eigene Erinnerungen und Chancen zu schaffen, denn manchmal reicht es aus, ein Künstler zu sein, indem man sich etwas Eigenes schafft, woran man sich erinnern kann.
Text: Tilmann Strzata, 12/3
Bilder: H. Meier